Damit ist nicht nur die konkret-materielle Erschaffung neuen Lebens im Außen gemeint, sondern auch die Erfahrung unserer eigenen Lebendigkeit im Innern. Das eigene Sich-lebendig-fühlen hat viel mit dem Gleichgewicht dieser beiden Energien im Innern zu tun. Die Tatsache, dass in der westlichen Welt eine derartige Zunahme depressiver Erkrankungen zu beobachten ist, bedeutet nichts weniger als einen Rückgang innerer Lebendigkeit auch vor dem Hintergrund dieses inneren Ungleichgewichts männlicher und weiblicher Energien. Viele seelische Erkrankungen unserer modernen Zeit sind so etwas wie ein „inneres Artensterben“. Die Wiederherstellung des Gleichgewichts aus männlichen und weiblichen Energien in unserem Innern kann an dieser Stelle ein zentraler Heilungsschritt sein.
Es werden damit vollkommen wertneutral weibliche wie auch männliche Energien und Kräfte beschrieben, die im Universum, wie auch in uns Menschen (Männern wie Frauen), wirksam sind.
Diese Energien werden insofern „Männern“ und „Frauen“ zugeordnet, als dass Frauen biologisch-hormonell im Laufe ihres Lebens tendenziell eher gefordert sind mit weiblichen Energien zu arbeiten, diese zu entwickeln und zu verfeinern. Männer hingegen sind meist eher gefordert mit männlichen Energien zu arbeiten, diese zu entwickeln und zu verfeinern. Die jeweils andere Energie sind wir oft stärker gefordert lieben zu lernen, als sie heilen zu lernen. Letzten Endes geht es aber für jeden Menschen darum – unabhängig von der individuellen, hormonell-biologischen Ausprägung und der damit ggf. verbundenen Geschlechtszuordnung – eine Balance beider Energien im Innern herzustellen.
Das Weibliche findet im Kreis als Symbol für einen Schöpfungsraum seinen Ausdruck. Oft ist auch das Dreieck mit der Spitze nach Unten – zur Erde hin deutend – ein Symbol des Weiblichen. Viele traditionelle Kulturen bringen dem Weiblichen einen sehr hohen Respekt entgegen. Aus den einfachsten Beobachtungen zur Entstehung von Leben lässt sich leicht erkennen: Das Weibliche bildet die Grundlage, damit Leben überhaupt entstehen und sich entfalten kann. Ohne den Raum und die sich darin entfaltende Schöpfungskraft der Gebärmutter – kein neues Leben. Ohne den Raum und der darin enthaltene „Nährboden“ der Erde – kein Leben. Dass wir in Zeiten gnadenloser Ausbeutung der Erde und ihres Erdbodens leben, ist letztlich Ausdruck der in unserer westlichen Kultur abhanden gekommenen Achtung vor dem Weiblichen. Die Konsequenzen dieser Missachtung und Unterdrückung weiblicher Energien sind inzwischen in zahlreichen Lebensbereichen spürbar.
Die Energie des Weiblichen hat also viel mit der Bewegung des Raum-Gebens zu tun. Damit verbunden ist die Fähigkeit, Energie bereit zu halten. In diesem Raum bereitgehaltener Energie besteht eine aktive Empfänglichkeit für sämtliche schöpferisch-kreativen Kräfte: Samen, Informationen, Eindrücke, Wissen, Gedanken, Impulse… Um gängigen Missverständnissen weiblicher Energien gleich vorzubeugen, betone ich an dieser Stelle, dass diese Art des Empfangens nichts mit Passivität zu tun hat. Vielmehr handelt es sich um ein aktives und bewusstes Aufnehmen von Energien, um diese dann in einem kreativen Schöpfungsprozess zu integrieren und zu verbinden. Die weibliche Kraft ist dabei eine zyklische, kreisförmig – dynamische Kraft und wird daher nicht umsonst seit Jahrtausenden mit dem Mond in Verbindung gebracht. In ihrem zyklischen Wirken ist sie außerdem eng verbunden mit allen natürlichen Sterbe-und Transformationsprozessen, wie sie etwa auch im Kreislauf der Natur abgebildet werden.
Die männliche Energie wird oft als Punkt innerhalb des (weiblichen) Kreises, der Same im Schöpfungsraum, dargestellt. Zudem ist das Symbol des Männlichen das Dreieck mit der Spitze nach oben – himmelwärts. Den Punkt kann man sich gedanklich gut als Linie vervollständigen: Das Männliche ist eine intentionsstarke, linear-gerichtete Kraft. Sie ist sozusagen der auf einen Zielpunkt gerichtete Pfeil. Sie ist die gebündelte Energie des fokussiert gehaltenen Pfeils und schließlich seines oft schnellen und zielsicheren Fluges durch den Raum. Mit Erreichen des Ziels ist die Energie frei, sich unmittelbar auf ein neues Ziel auszurichten. Diese Energie der Handlung, Zielorientierung und Konkretisierung dessen, was in einem kreativen Schöpfungsraum empfangen wurde, ist ein immanenter Teil eines jeden Lebensprozesses.
Heute leben wir im zivilisatorischen Westen in einer Welt, der es an Handlungsorientiertheit und Tatkraft kaum fehlt. Der „Output“ unserer westlichen Arbeitsgesellschaft ist enorm hoch. Die Listen noch zu erreichender Ziele auf den Schreibtischen der industrialisierten Welt sind meist lang. Daran ist an sich auch gar nichts auszusetzen! Nicht diese handlungsstarke, männliche Energie ist problematisch. Problematisch ist lediglich die fehlende Balance, das fehlende Gegengewicht durch weibliche Energien. Wenn zu erreichenden Ziele nicht mehr innerhalb eines für alle Energien und Informationen empfänglichen, kreativen Schöpfungsraumes entstehen, sondern im gewissermaßen „luftleeren Raum“, verlieren sie an Sinn und Bedeutung. Handlungen und Ziele haben dann nichts mehr mit dem Leben und den Bedürfnissen des Lebendigen zu tun. Diese starke, tatkräftige, männliche Kraft kann nicht – ihrem Wesen entsprechend – dem Leben dienen, das Leben befruchten, das Leben schützen. Ein unnatürlich hohes Stressniveau für Menschen, Tiere und den Planeten selbst ist die Konsequenz dieses fehlenden, weiblichen Gegengewichts bzw. dieses Ungleichgewichts männlicher und weiblicher Energien.
Es sind also im Prinzip gute Nachrichten, wenn Weisheitslehrerinnen und Lehrer aus aller Welt von der Rückkehr weiblicher Energien sprechen. Es ist nun unsere Aufgabe als Menschheit diese weiblichen Energien integrieren und aufnehmen zu können und mit ihnen, statt gegen sie zu arbeiten. Das ist eine besondere Herausforderung angesichts dessen, dass wir gerade diese empfänglichen, integrativen Kräfte so effizient zu unterdrücken gelernt haben. Uns begegnen zudem, sobald wir uns für weibliche Energien öffnen, rasch unsere tiefen, inneren Verletzungen in diesem Bereich.
Diese Wunden finden sich in Männern wie in Frauen.
Für Frauen jedoch wird es im Laufe ihres Lebens oft unerlässlich sich diesen Wunden zu widmen, um ihre seelische und körperliche Gesundheit zu erhalten. Solche Heilungsprozesse zu erleichtern ist ein wesentliches Anliegen meiner Gruppenarbeit mit Frauen. Der Weg zur Kraft führt immer durch den Schmerz hindurch: Es ist daher essenziell, dass wir den Prozess der Heilung dieser Wunden nicht abkürzen oder überspringen. Es ist essenziell, dass wir uns aus Opfer-Erleben und Vorwurfshaltungen herausbewegen und die selbstverantwortliche Akzeptanz und Versorgung dieser Wunden übernehmen. Weder „die Männer“ noch „das Patriarchat“ trägt die Verantwortung für die Wunden im Weiblichen. Wir als Menschheit, unabhängig vom Geschlecht, haben diese Verletzungen zugelassen und diese Unterdrückung mit erschaffen. Ebenso können wir als Menschheit nun auch an der Erschaffung einer balancierteren Welt mitwirken. Es bedarf HIER UND JETZT der aktiven Verantwortungsübernahme für die Verletzungen in uns. Es bedarf der Vergebung, der Akzeptanz und der tiefen Transformation des Schmerzes der Weiblichen Kraft. Daran anschließend können wir beginnen, die männliche Kraft wahrhaftig zu lieben. Der Kreis als Symbol des Weiblichen und das Zusammenkommen im Kreis an Sich ist bereits ein wesentlicher Teil eines jeden, von weiblichen Energien und Kräften unterstützen Heilungsprozesses.
Nina Kühnle
PROZESSBEGLEITUNG
Traumaheilung & Transformation
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